E-Zigaretten können Schwangere beim Rauchstopp unterstützen Donnerstag, 18. Januar 2024 London– Nikotinersatzprodukte können den Verzicht auf das Tabakrauchen, zu dem Schwangeren dringend geraten wird, erleichtern. In einer randomisierten Studie in Nature Medicine (2022; DOI: 10.1038/s41591-022-01808-0) hatten E-Zigaretten häufiger zum Erfolg geführt als konventionelle Nikotinpflaster. Eine nach­trägliche Analyse in Addiction (2024; DOI: 10.1111/add.16422) bestätigt die Sicherheit der Nikotinsubsti­tution durch E-Zigaretten. Eine Schwangerschaft ist für Frauen eine gute Gelegenheit, das Rauchen aufzugeben. Sie schützen dadurch nicht nur ihre eigene Gesundheit, sie können auch die Startchancen des Kindes verbessern. Denn Rauchen in der Schwangerschaft führt zu einem niedrigen Geburtsgewicht, es erhöht das Risiko auf eine vorzeitige Plazentaablösung, auf Fehl- oder Frühgeburten und auf einen plötzlichen Kindstod. Tatsache ist aber, dass auch in der Schwangerschaft die Sucht häufig stärker ist als die guten Vorsätze. In einer Reihe von randomisierten Studien konnte gezeigt werden, dass Nikotinpflaster und andere Ersatzprodukte in der Schwangerschaft sicher sind. Sie werden jedoch von Ärzten ungern verordnet, weil Nikotin in Tierversuchen embryotoxische/teratogene Wirkungen gezeigt hat. Die Präparate fallen in Deutschland unter die Schwangerschaftskategorie 6, die sich als relative Kontraindikation interpretieren lässt. Hinzu kommt, dass die Chancen auf einen Rauchstopp in den klinischen Studien in der Regel gering waren, weil die Schwangeren die Nikotinpflaster selten verwendeten. In der SNAP-Studie („Smoking, Nicotine, and Pregnancy“) hatte die Compliance nur bei 7,2 % gelegen (New England Journal of Medicine 2012; DOI: 10.1056/NEJMoa1109582). E-Zigaretten könnten eine Alternative sein, da die Anwendung einfacher ist und den Nutzern die Möglichkeit gibt, die Dosis auf die Bedürfnisse abzustimmen und Geschmacksrichtungen auszuwählen, die ihnen gefallen. Auch der frühere Genuss durch das Rauchen bleibt bis zu einen gewissen Grad erhalten. Das Wolfson Institute of Population Health in London hatte 2018/19 an 24 Zentren eine randomisierte Studie organisiert, die 1.140 Schwangere mit der Bereitschaft zur Abstinenz auf eine unterstützende Behandlung mit Nikotinpflastern oder E-Zigaretten randomisiert hatte. Tatsächlich war die Compliance höher: 47,3 % nutzten die E-Zigaretten im Verlauf der Schwangerschaft. Die Nikotinpflaster hatten 21,6 % verwendet. Gegen Ende der Schwangerschaft war die Nutzungsrate aber auf 33,8 % versus 5,6 % abgefallen. Die Effektivität der Nikotinsubstitution war allerdings gering. In der E-Zigaretten-Gruppe schafften es gerade einmal 6,8 % der Schwangeren, ganz auf das Rauchen zu verzichten. In der Nikotinpflaster-Gruppe waren es nur 3,6 % (wenn die Frauen ausgeschlossen wurden, die neben dem Nikotinpflaster auch zur E-Zigarette gegriffen hatten). Das Team um Francesca Pesola vom Wolfson Institute ermittelte ein relatives Risiko (für die erfolgreiche Abstinenz) von 1,93, die mit einem 95-%-Konfidenzinter­vall von 1,14 bis 3,26 signifikant war. Die Studie fand keine Hinweise auf mögliche Komplikationen. Geburten mit niedrigem Geburtsgewicht traten in der E-Zigaretten-Gruppe mit 9,6 % versus 14,8 % sogar seltener auf als in der Nikotinpflaster-Gruppe (relatives Risiko 0,65; 0,47-0,90). Dennoch blieben Bedenken. Sie betrafen vor allen die Gefahr, dass die Frauen die Nikotindosis erhöhen könnten, wenn sie neben der Nutzung der E-Zigaretten oder des Pflasters weiter Tabakzigaretten rauchen. Ein Team um Dunja Przulj vom Wolfson Institute hat deshalb die Daten noch einmal ausgewertet und die Veränderungen des Nikotin-Markers Cotinin während der Schwangerschaft verglichen. Bei den Frauen, denen es mit der Verwendung von E-Zigaretten gelungen war, völlig auf das Tabakrauchen zu verzichten, sanken die Cotinin-Werte von 109,0 ng/ml um 45 % auf 59,7 ng/ml. Bei den Frauen, die neben den E-Zigaretten weiter Tabakzigaretten verwendet hatten, kam es zu einem Anstieg von 127 ng/ml um 19 % auf 151 ng/ml. Bei den Schwangeren, die Tabakrauchen und Nikotinpflaster kombinierten, kam es zu einem Anstieg von 120 ng/ml um 16 % auf 140 ng/ml. Bei den Frauen, die nach eigenen Angaben zu mindestens 50 % weniger Tabakzigaretten geraucht hatten, stieg der Cotinin-Spiegel um 9,3 %, wenn sie keine E-Zigaretten und keine Pflaster verwendet hatten (was Zweifel an den Angaben der Schwangeren zulässt). Wenn sie zusätzlich E-Zigaretten benutzt hatten, stieg der Cotinin-Wert um 10 %. Bei der zusätzlichen Verwendung von Nikotin-Pflastern stieg der Cotinin-Wert um 17 % jeweils gegenüber den Werten zu Beginn der Schwangerschaft. Diese Zahlen sprechen nicht dafür, dass die E-Zigaretten den Schwangeren, die die Abstinenz nicht geschafft haben, wesentlich geschadet haben, jedenfalls nicht mehr als die Nikotin-Pflaster. Auch beim mittleren Geburtsgewicht gab es keine auffälligen Abweichungen. Bei den Frauen, die mit Hilfe der Nikotinersatzprodukte eine Abstinenz schafften, wogen die Neugeborenen im Durchschnitt 3,3 kg gegenüber 3,1 kg bei den Schwangeren, die weiter geraucht hatten. Bei den Frauen, die ohne Nikotinersatz den Rauchstopp schafften, wogen die Neugeborenen übrigens im Durchschnitt auch 3,1 kg. Ein überraschender und positiver Nebeneffekt der E-Zigaretten war, dass die Anwenderinnen seltener über Schleimauswurf und über Husten klagten. Przulj vermutet, dass einige Inhaltsstoffe der E-Zigaretten wie Propylenglykol und Glycerin antibakterielle Wirkungen haben und die Schwangeren vor Atemwegsinfektionen geschützt haben könnten. Diese Hypothese müsste sicherlich noch durch weitere Studien überprüft werden.